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Wertvolle Therapiebegleiter: Kunst, Musik, Tiere und Sport

Eine Suchttherapie ist sowohl körperlich, als auch psychisch ein enormer Kraftaufwand, der von anstrengenden Therapieprogrammen und auch von Rückschlägen geprägt ist.
Um sich immer wieder neu zu einem suchtfreien Leben zu motivieren, ist es nötig Lichtblicke zu schaffen und Türen für die Zukunft zu öffnen.
In diesem Blogbeitrag möchten wir Ihnen deswegen mit einem Auszug aus „Suchthilfe Nr. 5/2019″einige wertvolle Therapiebegleiter vorstellen.

 

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1. Kunst und Kreativität: Auseinandersetzung ohne Worte

Kunsttherapie kann in der Suchtbehandlung eine wichtige Rolle spielen, denn sie hilft Menschen, schwierige Gedanken, Erinnerungen und Gefühle auszudrücken, ohne dabei durch Worte eingeschränkt zu sein. Suchtkranke leiden fast immer unter Schuld- und Schamgefühlen, die nur schwer in Worte zu fassen sind. Schmerzhafte und beschämende Gefühle können oft leichter durch Bilder oder Symbolik ausgedrückt werden als durch Worte. Kreative Ansätze können den Betroffenen helfen, diese Gefühle zu verarbeiten und einen Rückfall zu vermeiden. Menschen, die eine Sucht durchlebt haben, haben manchmal vergessen, wie es ist, kindlich und unbeschwert zu sein. Nehmen sie aber beispielsweise an Rollenspielen teil oder schließen sich einer Theater- oder Tanzgruppe an, verspüren sie zum ersten Mal wieder, wie verspielt und ausgelassen sie sein können. Das kann körperlichen und seelischen Stress lindern, Das Schreiben ist auch eine Möglichkeit, Gedanken zu ordnen und zu verarbeiten. Wer schreibt oder malt, erhöht zudem seine Konzentrationsfähigkeit, ist dann meist ganz bei sich und fühlt sich präsenter und erfüllter. Durch die Mobilisierung kreativer Interessen werden Bereiche des Gehirns, die einst durch die Sucht weniger in Anspruch genommen wurden, wieder aktiv. Das Schöne an Kreativität ist, dass es nur wenige Einschränkungen gibt Kreative Aktivitäten sind oft kostengünstig und in vielen Formen verfügbar, sodass jeder von dieser Heilmethode profitieren kann.

 

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2. Musik und ihre positiven Effekte: Musik als Lösungsansatz negativer Symptome

Danach kann bestimmte Musik den Blutdruck senken und die Entspannung fördern. Das Immunsystem wird ge­stärkt. Das Hören von Musik kann sogar chronische Schmerzen lindern. Musik kann Symptome einer Depression verringern, die Kommunikationsfähigkeiten erhöhen und den Umgang mit Ängsten erleichtern. Auch die Konzentrationsfähigkeit kann sich deutlich verbessern. Musik vertreibt zudem Gefühle der Einsamkeit und Langeweile und hat sich auch in der Therapie von Suchtkranken als äußerst nützlich erwiesen. Gerade nach einem Entzug erleben Betroffene regelmäßig eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Stress, Anspannung, Orientierungslosigkeit oder Einsamkeit können in der Musik ein positives Ventil finden, das befreiend und erleichternd wirkt. Langeweile und Isolation sind typische Reaktionen, wenn Suchtkranke nach einer Therapie ihr altes, schädigendes Umfeld hinter sich lassen. Wer solche leere mit dem Gruppenerlebnis Musik ersetzt, fühlt sich wieder eingebunden, wertvoll und aktiv. Ebenso vertreibt die Musik die charakteristischen Ängste der Süchtigen, die noch nicht wissen, wie ihr Leben ohne das Suchtmittel funktionieren kann. Die positive Stimmung, die Musik erzeugt, kann neue Perspektiven sichtbar machen und nach langer Zeit wieder optimistischen Gefühlen die Tür öffnen.

Musik als Ausdrucksmittel von Bedürfnissen

Gerade bei Süchtigen zeigt sich am Drogenverlauf mit Drogenkonsumsteigerung, dass ihre wirklichen Bedürfnisse unterdrückt werden. Die bisher vorhan­denen „Wahrnehmungen“ verstecken sich hinter der Droge: Durch ständige Leugnung und Rechtfertigung sowie die Einengung der Gedanken auf Beschaffung und Konsum des Suchtmittels geht zugleich jeglicher Bezug zur Realität verloren. Süchtige haben verlernt ihre wahren Gefühle zu spüren und zu benennen.
Musik kann dann zum neuen Ausdrucksmittel von Empfindungen werden. Starke Emotionen wie Freude und Liebe, aber auch Wut und Angst können nach außen dringen, ohne dass Schuld- und Schamgefühle, die Suchtkranke nur allzu gut kennen, hemmen und blockieren. Durch gemeinsames Musizieren entsteht zudem eine intakte Gruppe. Schnell herrscht eine Atmosphäre des Miteinanders, ein Erleben der Zugehörigkeit, das sich schnell auf andere überträgt.

 

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3. Treue Therapiebegleiter: Tiere

Ferner können Tiere eine Therapie enorm unterstützen, den Behandlungserfolg beschleunigen und sichern. Die vorbehaltlose Zuneigung, die Tiere ebenso den von der Gesellschaft oft ausgegrenzten Suchtkranken entgegenbringen, kann Verletzungen heilen und ein Gefühl der Wertschätzung wachsen lassen. So etwas benötigen die Suchtkranken die in der Vergangenheit oft traumatische Erfahrung machen mussten, das Vertrauen in menschliche Beziehungen verloren haben, häufig mit Misstrauen und Skepsis reagieren und unter Minderwertigkeit leiden. Ein Tier zeigt ihnen, dass sie gebraucht werden, und nicht allein die süchtig machende Substanz steht jetzt im Vordergrund des Seins. Fast automatisch wächst mit Tieren auch der Austausch mit anderen Betroffenen. Bei Spaziergängen mit Hunden öffnen sich Patientinnen und Patienten gegenüber anderen und Gespräche entstehen, die sich nicht mehr nur um die Sucht drehen. Gleichzeitig wird der Kontakt zu den Therapeutinnen und Therapeuten von beiden Seiten erleichtert.
Das Fachkrankenhaus Vielbach arbeitet unter anderem mit tiergestützten Therapien. Im Angebot wird mit folgendem Auszug geworben: ,,Biographisch frühe Bindungs-, Kontakt- und Beziehungsstörungen korrespondieren mit der zunehmend sozialen Isolation und interpersonellen Entfremdungsprozessen als Ausdruck der Suchterkrankung. Ängste und Verhaltensunsicherheiten im Kontakt und Beziehungsverhalten zu anderen Menschen sind die Folge. Im Kontakt zu Tieren besteht ein Weg, wieder nüchtern und ohne Hemmungen und Ängste sich aus der inneren Isolation heraus zu entwickeln, um die Kontakt- und Beziehungskompetenz zu Menschen zu verbessern.“

Ziel einer tiergestützten Therapie ist, Verantwortung zu übernehmen, mit liebevoller Einfühlung eine Bindung zum Tier aufzubauen oder eine bereits bestehende Beziehung zu erhalten und für die Genesung zu nutzen. Besonders die unmittelbare Rückkopplung des eigenen Verhaltens bietet einen enormen Vorteil mit Tieren. Die Tiere spiegeln gewissermaßen das Verhalten und die Emotionen der Betroffen, so entsteht Einsicht und auch die Möglichkeit zu Veränderungen. Der Umgang mit Tieren kann positive Gefühle auslösen, indem die Tiere den Betroffenen ganz allmählich ans Herz wachsen. Sie erleben so teilweise zum ersten Mal in ihrem Leben eine stabile emotionale Bindung. Sie müssen dabei immer Rücksicht auch auf die Bedürfnisse des Tieres nehmen. Hinzu kommt, dass die Versorgung eines Tieres einen strukturierten Tagesablauf und Zeitmanagement erfordert. Ein Aspekt, der vielen Suchtkranken fremd ist und durch dessen Mangel sie bisweilen in die Sucht abgerutscht sind. Sie erkennen, dass es durchaus möglich ist, die Freizeit sinnvoll zu nutzen. Der Umgang mit Tieren macht Grenzen spürbar, die die Menschen erkennen und anerkennen müssen. Jedoch sind die Teilnehmer einer tiergestützten Therapie dazu viel eher bereit, da Minderwertigkeitsgefühle und Scham gegenüber Tieren weniger stark ausgeprägt sind. Die Zusammenarbeit mit einem Tier kann die Rückfallgefahr nach einer Suchtbehandlung reduzieren und die Rückführung in „normale“ Lebens- und Arbeitsbedingungen erleichtern. Süchtige leiden typischerweise erheblich unter einer ausgeprägten Stresssymptomatik. Diese können durch den (körperlichen) Kontakt mit den Tieren reduziert werden, wenn etwa beim Streicheln des Tieres Glückshormone ausgeschüttet werden.

Unser Fazit:

Jeder Mensch erholt sich auf seine Weise von der Sucht. Deshalb ist es für Suchtbehandlungsprogramme so wichtig, eine Mischung therapeutischer Ansätze anzubieten. Einige verlassen sich auf verbale Ausdrucksformen wie kognitive Verhaltenstherapie, für andere jedoch sind weniger verbale Therapiemethoden nützlicher. Sie können damit ihre Sprachlosigkeit durchbrechen und langsam anfangen, ihre Worte wiederzufinden.